fbpx

Mein Erlebnis Nepal

Letzte Tage in Australien in der Grossstadt Melbourne. Nach einem Auslandaufenthalt in Neuseeland und Australien geht es nach sechs Monaten wieder zurück in die Schweiz. Schade, das Reisen und die verschiedenen Kulturen haben mir so gut gefallen, dass ich am liebsten noch weitere Länder entdecken möchte. Wohin könnte ich denn als nächstes gehen?

In einem Bücherladen mitten in der riesigen Stadt stand ich dann vor dem Regal mit all den verschiedenen Ländern. Ich wollte irgendwohin wo nicht jeder geht. Irgendwohin, wo ich alleine gehen kann und ich mein vollkommenes eigenes Erlebnis habe. Aber, es muss Berge haben! Afrika, Vietnam, Kambodscha vielleicht Japan oder doch eher nach Amerika? Und da stach mir das Buch Nepal in die Augen. Cool, dachte ich zu mir selber. Dahin möchte ich als nächstes gehen.

Zuerst muss ich jedoch nach Hause fliegen. Mein neuer Job wartet auf mich und Geld ist auch nicht mehr genug übrig. Bald war jedoch klar, dass mein Erlebnis im Mai schon starten kann und kurz darauf kam mir Anja in den Sinn. Sie hat mir mal über ihr Projekt „sharing minds“ erzählt, damals hatte mich das zwar sehr interessiert, aber ich hätte nie gedacht, dass ich ihr irgendwie helfen könnte. Für mein Erlebnis Nepal passte das ganz gut. Ich wollte die einheimischen Menschen kennenlernen und ich wollte etwas Neues lernen, indem ich anderen helfen konnte.

Schnell wurde über WhatsApp ein Termin mit Anja vereinbart. Bei dem sie mir nochmals alles kurz erklärt hat, was sie ungefähr macht und was ich dort machen müsste. Es ist eine Schule in Katmandu mit Kindern, die auch dort im Internat wohnen. Sie sagte mir noch, dass ich mich dort sicher nicht einsam fühlen werde. Über die Menschen und das Land selber haben wir gar nicht lange gesprochen.

Ein paar Tage vor der Abreise habe ich alle Kleiderschränke aussortiert und meine Familienmitglieder gebeten mir alles mitzugeben, was sie nicht mehr brauchen. Dann kam endlich der grosse Tag, meine Schwester brach mich zum Flughafen. Aufgeregt war ich irgendwie noch nicht. Ich wusste überhaupt nicht was mich in Katmandu erwartet und ob da wirklich welche Leute waren, die am Flughafen auf mich warteten. Anja bestätigte mir jedoch nochmals per Telefon, dass sie die Schule informiert hat und sie hat mir auch per E-Mail ein paar Ziele und Ideen zugeschickt, die ich in Nepal umsetzen solle.

Katmandu
Endlich landete das Flugzeug in Katmandu. Die Gepäckstücke waren alle auf einem Haufen bereit zum Mitnehmen. Keine Ahnung in welche Richtung ich musste und wo die Leute auf mich warteten. Am liebsten hätten mich wohl alle Taxi-Fahrer mitgenommen. Schon bald sah ich eine schräge Frau mit zu viel Lippenstift, gefärbten blonden Haaren und lustigen Schuhen vor mir stehen. Der Mann neben ihr hielt ein Schild mit meinem Namen. Das war Bharat mit seiner Frau Aruna. Die beiden sind die Schulbesitzer und Schulleiter.

Sie nahmen mich mit und wir fuhren mit dem Taxi zur Schule. Ich war schon von Anfang an sehr schockiert, wie dreckig und chaotisch die Strassen in der Stadt waren. Überall gab es Hühner und Kühe mitten auf der Strasse. Vom Müll der überall rum lag, spreche ich lieber nicht. Die Stadt war riesig und es hat unglaublich viel Verkehr, der in alle Richtungen ging. Ich dachte bereits dann schon, dass es keine Verkehrsregeln in Nepal gibt.

In der Schule warteten bereits alle Kinder auf uns und sie haben für mich Willkommens-Zeichnungen gemalt. Sie waren alle unglaublich freundlich. Haben mir Tücher und Blumenketten um den Hals gehängt und mir Tee gebracht. Als ob sie mich schon lange kennen, mich vermissten und froh sind, dass ich zurück bin.
Am selben Abend kamen noch zwei weitere Schweizerinnen aus dem Kanton Uri in die Schule. Patrizia war bereits vor zwei Jahren als Freiwillige in der Schule und kam jetzt für zwei Wochen nach Nepal um die Internatskinder zu besuchen und das Land zu bereisen. Ihre Mutter Erika begleitete sie dabei. Für mich war das super, sie erzählten mir viel über die Schule und erklärten mir was ich alles machen soll und darf. Die beiden gingen am selben Abend jedoch wieder in ihr Gästehaus zurück.

Nach dem ersten Abend ging ich mit all den verschiedenen Impressionen in mein Bett. Mein Zimmer war übrigens im obersten Stock. Ja, richtig, ich hatte ein eigenes Zimmer. Die Kinder und alle anderen teilten sich die wenigen Zimmer. Es gab sogar Kinder, die teilten sich das Bett und es war mit Sicherheit kein ein Meter-Vierzig-Bett.

Am nächsten Tag wurde ich schon früh von den Kindern aufgeweckt. Es geht bereits um 6 Uhr los mit Taekwondo. Um 7 Uhr kommen alle zusammen und trinken Tee. Danach ging es weiter mit dem Lernen. Alle müssen in die Schulzimmer und ihre Hausaufgaben lösen. Nachher gab es kurz Zeit zum Spielen und Essen. Als Mahlzeit gibt es fast immer Reis mit Dahl und Gemüse. Um Punkt 10 Uhr müssen alle Kinder auch die, die nicht in der Schule wohnen, auf dem Schulhausplatz in die Klasse eingeordnet, bereitstehen. Dort singen alle zusammen die Nationalhymne und worauf es schliesslich mit der Schule losging. Die Schule ist sehr gut strukturiert und sie haben fast alle Fächer, wie wir sie in der Schweiz haben. Die Schule endete immer um 4.10 Uhr. Die Zeit nach der Schule war nochmals zum Spielen und es gab einen kleinen Snack. Doch schon bald mussten die Internatskinder wieder in das Schulzimmer sitzen und lernen. Das Abendstudium dauerte bis es dunkel wurde. Die jüngeren bis zur dritten Klasse erhielten zuerst Abendessen und die älteren Kinder büffelten eifrig weiter. Um 10 Uhr abends hatten schliesslich alle ihren Reis gegessen und wanderten todmüde ins Bett.

Die nächsten Tage schaute ich einfach mal zu und war gespannt, was alles so passierte. Wenn es Zeit zum Spielen war, waren bald welche Kinder bei mir und wir spielten zusammen. Wir spielten oft Uno und Verstecken. Im Studium am Morgen und am Abend habe ich dann schnell mal gemerkt, welche Kindern Hilfe benötigen und versuchte ihnen die Aufgaben zu erklären. In der Schule traute ich mich am Anfang nicht gross mitzuwirken und sass meisten einfach in einer Ecke um mitzubekommen, was die Kinder lernen müssen. Mit der Zeit stellte ich fest, dass es immer wieder Lehrer gibt, die nicht zur Schule kommen. Es hatte somit Klassen, die ohne Lehrer im Schulzimmer sitzen und nichts taten. Diese Klassen habe ich dann übernommen. Da ich selber keine Lehrerin bin, aber sehr gerne Sport mache, habe ich versucht den Kindern den Sportunterricht zu übermitteln. Was nicht immer einfach war. Ich stellte enttäuscht fest, dass ein einfaches Fangspiel sehr kompliziert sein kann. Ein weiteres Problem war auch noch, dass es hier nicht alles Material gibt, welches wir in der Schweiz haben. Es stand mir ein Platz mit einem Basketballkorb zur Verfügung. Als Ball hatten wir einen Basketball und das war’s dann aber mit den Bällen. Zum Glück hatte ich vor meiner Abreise noch Luftballons eingepackt. So bastelten wir an einem Tag unsere eigenen Bälle mit Sand und Luftballons. Diese Bälle benutzte ich schliesslich auch für diverse Spiele und Aufgaben. Es gab jedoch auch Tage an denen es draussen regnete und ich mit den Kindern nicht nach auf den Platz durfte, weil es zu rutschig war. Dann habe ich mit ihnen gebastelt und gezeichnet. Wobei ich immer von irgendwo das Papier und Stifte auftreiben musste.

Die Tage gingen schnell vorüber und wie Anja mir versprochen hatte, fühlte ich mich niemals einsam. Die Kinder waren immer da und auch alle Erwachsenen haben gut zu mir geschaut. Die Schwester von Aruna hat immer sehr lecker für mich gekocht. Sogar Pancakes gab es zwischendurch zum Frühstück. Mit Aruna habe ich sehr viel übers Leben gesprochen und sie war sehr interessiert, wie alles in der Schweiz abläuft. Sie ist eine sehr grosszügige und herzliche Frau. Manchmal fühlte ich mich wie eine kleine Prinzessin, weil alle so freundlich zu mir waren.

Überall wo sie mich mithelfen liessen, packte ich mit an. Wie zum Beispiel bei der Wäsche waschen. Freitag und Samstag war jeweils Wäschetag. Es wurde alles zusammengepackt und zu Mama gebracht. Natürlich nicht. Jeder und jede nahm seine Kleider und weichte sie in einem Kessel mit Wasser auf. Danach wurden die Kleider auf dem Pausenhofboden ausgebreitet und die Kinder schrubbten mit einem Stück von einem alten Kartoffelsack und ein wenig Seife über die Kleider bis sie sauber und frisch waren. Als ich selber damit begann. Ging es nicht lange und ein Junge aus der fünften Klasse nahm mir das Stück aus der Hand und zeigte mir nochmals genau wie ich das machen musste. Stellt dir das bitte nochmals vor. Ein Junge, zeigt dir als erwachsene Frau wie man Kleider waschen muss und ich war enttäuscht, weil sie nicht wussten wie man Fangen spielt.

Die Kinder der National Pionier Schule haben mich sehr beeindruckt und es hat mich auch sehr zum Nachdenken gebracht. Zuhause wird dafür gesorgt, dass die Kinder eine gute Ausbildung haben und möglichst viele Hobbys gleichzeitig ausüben können. Sei es Fussball spielen, Skifahren, Tanzen, Klavier spielen oder Geräteturnen. Hier ist es schon schwierig, dass die Kinder eine gute Ausbildung erhalten und die Zeit zum Spielen bleibt dann meistens kurz. Entweder sind sie in der Schule oder sie müssen im Alltag mithelfen. Durch sharing minds geht es vielen Kindern in Nepal besser und sie haben wenigstens die Möglichkeit eine Ausbildung zu machen und lernen viele nützliche Dinge für das Leben.

Als mein Aufenthalt zu Ende ging, war ich traurig, weil ich die Kinder hinter mir lassen musste. Ich hatte sie in der kurzen Zeit richtig gerne bekommen und wollte ihnen noch weitere Sachen beibringen. Nepal war für mich ein supercooles Erlebnis. Ich habe die Menschen kennengelernt, habe die riesigen Berge bestaunt und wie schon erwähnt die wunderbare Gastfreundschaft der Nepalesen erleben dürfen. In der Zeit als ich dort war, gab es keinen Moment in dem ich Angst hatte (okay vielleicht, als ich zu Fuss die Hauptstrassen Kathmandu überqueren musste). Es brauchte jedoch unheimlich viel Geduld und Zeit um ihnen Neues beizubringen, weil sie einfach schon eine ganz andere Einstellung zum Leben als wir „Bünzlischwizer“ haben.